Sonntag, 11. November 2012

Nicaragua

Hi ihr,
seit gestern Nachmittag bin ich wieder aus Nicaragua zurück! Ich bin immer noch etwas geplättet, aber wir hatten eine tolle Woche und haben in der kurzen Zeit so viele wunderschöne Orte gesehen, dass sich die Reise auf jeden Fall gelohnt hat.

Rivas

San Pedro
Parque Central
Als wir Sonntag morgens aufgebrochen sind, hatten wir natürlich eine ungefähre Idee, wo wir umsteigen müssen, aber ich bin immer noch überrascht, wie gut alles geklappt hat. Mit Fragen kommt man hier sehr weit. Die Nicos und Ticos sind alle sehr hilfsbereit, man erhält zwar auch mal komplett falsche Informationen, aber wir saßen (ohne jede Ortskenntnis und meist auch ohne anständigen Stadtplan) trotzdem immer pünktlich im richtigen Bus.
Der Grenzübergang war reibungslos, allerdings fand ich es etwas anstrengend, dass in Nicaragua einfach nichts ausgeschildert ist. In dem Punkt bin ich vielleicht zu deutsch, aber ich mag Hinweisschilder, vor allem, wenn ich durchs Niemandsland zwischen der costa-ricanischen Grenze und den nicaraguanischen  Immigrationsbehörden stiefele und keine Ahnung habe, wo ich hinmuss.
Aber egal, wer fragt, kommt weiter und nachdem wir die ganzen nervigen Souvenirhändler (wer kauft Souvenirs vor der Einreise?) und Geldwechsler abgeschüttelt, drei „Ich-schmuggle-keinen-Sprengstoff“-Zettel ausgefüllt, vier weitere Formulare mit Stempeln in schönen bunten Farben bekommen und dem extrem mies gelaunten Immigrationsbeamten einen Wucherpreis (13 $, ich dachte, das wären nur 2!) für die Einreise bezahlt hatten, ging eigentlich alles ganz fix. Weil wir uns ausgerechnet den Tag der Präsidentschaftswahlen Nicaraguas zum Einreisen ausgesucht hatten, fuhren keine Busse, aber wir haben einen Taxifahrer gefunden, der uns für 5$ pro Nase 35 km nach Rivas gefahren hat.
Rivas ist eigentlich ziemlich unbedeutend und überhaupt nicht touristisch (allerdings haben wir auch in den großen Städten in der ganzen Woche nur eine Handvoll Touristen gesehen), aber ich fand den Ort wunderschön und durch die vielen bunten Häuschen und die Parks sieht alles so fröhlich und einfach sehr adrett aus. In Costa Rica wirken die Städte und Orte, die ich bisher gesehen habe, irgendwie etwas chaotisch, deswegen würde man auf den ersten Blick gar nicht unbedingt glauben, dass die Leute hier sehr viel reicher sind als in Nicaragua.

Isla de Ometepe

die Ometepe-Insel mit den Vulkanen Concepción und Maderas



Volcán Concepción

Am Montag sind wir morgens nach San Jorge zum Fähranleger gefahren und von dort aus mit der „Santa Martha“ nach Moyogalpa auf die Ometepe-Insel gefahren, die im Lago de Nicaragua, dem größten See Mittelamerikas, liegt. Die Insel besteht eigentlich im Wesentlichen aus zwei Vulkanen, von denen der kleinere im Osten (Maderas) schon erloschen, der größere (Concepción) aber noch aktiv und vor gut zwei Jahren das letzte Mal ausgebrochen ist. Man kann auch allein oder mit einem Führer hochklettern, aber der Spaß dauert so um die zehn Stunden und da wir nicht auf der Insel übernachten wollten, sind wir nur von Moyogalpa, dem Hafen im Westen nach San José del Sur, dem anderen Fähranleger im Süden zwischen den beiden Vulkanen, gewandert, was in der Hitze echt übel war, zumal die Karte nicht stimmte und wir die Hälfte der Zeit planlos durch die Pampa geirrt sind, bis irgendwann so ein Mini-Taxi vorbeigefahren ist und uns gerettet hat. Dafür hat die Landschaft uns echt entschädigt - große Teile der Insel wirken quasi unberührt, die Menschen wohnen dort sehr beschaulich, überall laufen Tiere rum und die kleinen Häuschen sehen wirklich sehr süß aus, da hätte ich auch einziehen mögen.

León

Catedral de León & Mercado Principal
 

Iglesia El Calvario
    


Dienstag ging es weiter nach León, in den Nordwesten Nicaraguas, wofür wir erst mal den Bus nach Managua (die Hauptstadt) nehmen und dort dann umsteigen mussten. Busfahren in Nicaragua ist sehr billig und echt ein Erlebnis. Wir waren die einzigen Nicht-Einheimischen weit und breit und wurden dementsprechend angestarrt, als wir durch den mercado zur Haltestelle gestapft sind und dann versucht haben, uns mit unseren Riesenrucksäcken in den Bus zu quetschen, ohne uns auf dem Weg noch irgendwas klauen zu lassen. Der Bus selber war eigentlich voll okay, allerdings waren alle Plätze besetzt und die gleiche Anzahl Menschen stand noch mal im Gang und das zwei Stunden lang. Dazu kam, dass der Bus natürlich wie in Costa Rica auch an jeder Milchkanne angehalten ist, wo dann neue Passagiere und alle möglichen Straßenverkäufer eingestiegen sind, die sich mit Wasser, Eisetee und Fanta in Tüten, Cashew-Kernen, Kaugummis, Waffeln und Hühnchen-Empanadas durch den proppenvollen Bus gekämpft haben. Das Faszinierendste war, dass tatsächlich auch noch jede Menge Leute das Zeug gekauft haben.
In León haben wir uns dann ins überall beworbene „Chilli Inn“, ein Hostel mit angeschlossener Bar und Restaurantbetrieb, verschiffen lassen und das echt nicht bereut. Für 5 $ die Nacht kriegt man da ein Bett im Schlafsaal, Schließfächer, 2 Gratis-Cocktails am Tag, es gibt einen Pool, Hängematten, einen Billardtisch, W-Lan, alles ist sauber und das Personal nett – also echt 1a.
In unserem Hostel haben wir noch ein paar andere Reisende kennengelernt und waren an einem Abend noch mit drei von denen weg (zwei Weltreisenden um die 30 aus Zürich und Frankfurt und einem Abiturienten aus Siegen, der in Guatemala gearbeitet hat und jetzt noch weiter reist), unter anderem in einer Karaokebar, was wirklich witzig war. Johanna und ich haben zwar nicht gesungen, dafür aber so lange ein bisschen Salsa geübt. In männlicher Begleitung durch die Straßen zu laufen ist in Nicaragua übrigens hundertmal angenehmer als allein, weil man dann endlich mal ein paar Stunden in Ruhe gelassen wird. In Costa Rica ruft einem auch regelmäßig wer was hinterher, aber das nimmt keiner so wirklich ernst – in Nicaragua hat uns fast jeder einzige Typ über 15 (Ausnahmen waren nur unsere Tour Guides, Polizisten und die meisten Kerle, die ihre Freundin/ Frau an der Hand hatten) blöd von der Seite angemacht  und vielfach auch noch angepackt (richtig ekelig), von daher war ich nach einer Woche auch ganz froh, das Land zu verlassen.
Wir sind bis Donnerstag geblieben und haben uns die Stadt angeschaut, viele wunderschöne Kirchen, Parks, Märkte und Läden, wobei ein Highlight das Revolutions-Museum war, das uns eigentlich empfohlen wurde, weil man von oben so einen tollen Blick über die Stadt hat. Wir sind da also hingegangen und haben ohne irgendwie warten zu müssen eine Privatführung bekommen. Das Ganze hat eine Stunde gedauert, ging aber total schnell vorbei und umfasste die politische Geschichte Nicaraguas von 1904 bis heute. Unser guía hat ausschließlich Spanisch gesprochen und ich hab natürlich nicht alles mitgekriegt, aber doch das Allermeiste, das war echt schön. Die Nicaraguaner sprechen sowieso ein viel verständlicheres  Spanisch als die Ticos. Hier in Costa Rica reden alle irgendwie so „breiig“, sprechen überhaupt nur die Hälfte aller Wörter komplett aus, lassen den Rest so ineinanderlaufen und fügen dafür nach Belieben immer mal ein „que mae“ ein, deswegen war es mal ganz schön, sich mit Menschen zu unterhalten, die kleine Pausen zwischen ihren Wörtern und Sätzen machen. In Nicaragua hatte ich das Gefühl, ich könnte fließend Spanisch, kaum war ich über die Grenze, bin ich in den Bus gestiegen und hab kein Wort von dem verstanden, was der Busfahrer mir sagen wollte, was mich dann sehr schnell wieder auf den Boden der Tatsachen zurückgeholt hat.


Dormitorio im Chilli Inn (mit Doppel-L! :D )
 

auf dem Dach des Museo de la Revolución

 

Granada

Stadtzentrum: Geradaus gehts zur Kathedrale, links in die Calle la Calzada und rechts liegt der Parque Central de Granada

 
  
die alte Eisenbahnstation, leider konnte man die nicht von innen anschauen

Granada, wo wir die von Donnerstag bis Samstag waren, ist genauso schön wie León und noch deutlich prunkvoller. Wir haben uns die Kathedrale, von deren Turm aus man die ganze Stadt und den Nicaraguasee sehen kann, ein paar kleinere Kirchen, die alte Eisenbahnstation (leider nur von außen) und den Markt angeschaut, wo es an vielen Ecken sehr dunkel und feucht war und echt sehr übel gerochen hat, meine Lebensmittel hätte ich da jetzt nicht gekauft. :)
Freitag Nachmittag haben wir noch einen Ausflug zu den Isletas de Granada untenommen, 365 kleine Inseln, die vor Granada im See verstreut sind und zum Beispiel nicaraguanischen Politikern und "reichen Ausländern" (zum Beispiel der Firmen-Erbe von Calvin Klein, aber Elton meinte, der kommt nie her, weil er noch jede Menge andere Villen in Lateinamerika hat) gehören, die da ein Ferienhaus haben. Aber auf vielen wohnen auch einheimische Familien, eine davon haben wir auch besucht, das war echt interessant zu sehen. Außerdem sind wir noch an der Castillo-Insel vorbeigefahren, einem ehemaligen Piraten-Zufluchtsort, und an der Isla de los Monos, wo nur Affen leben. Auf dem Rückweg haben wir dann sogar noch den Sonnenuntergang am Vulkan Mombacho miterlebt, was wunderschön und ein echt toller Abschluss war.
Tour de las Isletas
 
 
 

Vulkan Mombacho
 

Der Rückweg mit dem Ticabus bis Liberia war zwar vergleichsweise teuer, aber dafür sehr bequem und ich war schon nachmittags wieder in Sámara. Insgesamt war die Woche toll, in vielen Teilen ganz anders als erwartet und wir haben super viel erlebt. Nicaragua ist auf jeden Fall eine Reise wert! :)
Alles Liebe & bis bald!
Eure Lisa

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